Blinder Aktionismus und gefährliches Halbwissen, das ist das Gemenge von “Pegida” – die ganz klar rechtradikal sind, auch wenn sie es nicht hören wollen.
Mit ihrer Argumentation selbst, stellen sie sich in die rechtsradikale Ecke und das zeugt von ihrem Halbwissen, einem gefährlichen Halbwissen – denn sie fühlen genau was sie da tun, auch wenn sie es vielleicht wirklich nicht wissen.
Ja, sie sind politikverdrossen und das mit Recht. Die Zinsen sind auf nahezu Null und die Menschen werden faktisch enteignet; die Banken werden unterstützt, doch die Schere zwischen arm und reich geht weiter auseinander. Die Riesterrente ist selbst in konservativen Zeitungen ein Konstrukt, das der schieren Masse der Bevölkerung nicht hilft.
Aber jetzt zu sagen, daran sind die Flüchtenden schuld? Das ist doch lächerlich und ist schon immer die Argumentation der rechtsradikalen gewesen. Man muss mal wieder eine Sau durch’s Dorf treiben, einen Schuldenbock finden. Und wie immer muss eine Minderheit dran glauben. So hat es damals auch mit der Vernichtung der Juden angefangen! So schlecht kann das Gedächtnis ja gar nicht sein. Vor 60 Jahren mussten wir fliehen und waren sehr dankbar, dass die Leute damals nicht dasselbe machten, was die Demonstrierenden jetzt machen.
Mein Oma erzählte mir, dass die Straßenschlachten in den 30er Jahren nicht politisch waren. Es waren nicht die Nazis und die Kommunisten, es waren die Braunen gegen die Roten. Die Ideologie ist dann einerlei. Die Leute, die bei diesen Demos mitmachen stellen sich auf diese Seite – die Seite der Extremisten – die Seite von der sie sich bedroht fühlen.
Sie sehen Schnittmengen mit den Rechtsradikalen, sie sehen sich auf der anderen Seite der Linksradikalen und wenn sie sich im Recht sehen, warum verstecken sie sich vor den Kameras und wollen nicht abgelichtet oder interviewed werden? Sie schämen sich doch selbst und das ebenfalls zu Recht. Und wenn irgendwas komisch wirkt, dann gilt das alte Rezept – einer muss Schuld sein und wen könnte man das anhängen?
Die Argumente, die dort verkündet werden, entbeeren jeglicher Realität. Doch das ist ja auch klar – das kann ja jede Person in seinem Umfeld abchecken. Islamisierung? Die meisten Menschen hierzulande sind Atheisten! Es herrscht nunmal Religionsfreiheit und das ist auch gut so. Sie haben Angst vor radikalen Islamisten? Ich habe Angst vor radikalen Christen, wie unter Bush. Der sieht sich und seine Folterknechte ja ebenfalls als Patrioten. Die Definition des Patrioten wurde über die Jahrhunderte auch immer wieder verändert, je nach dem wer gerade die Masse anheizen wollte. Und ich bin mir sicher auch die Kämpfer des “IS” sehen sich als Patrioten… Auch sie wollen eine Minderheit ausschließen, auch sie sehen sich in der Tradition und auch sie glauben sich wichtiger, als der Rest der Welt – es sind eben Faschisten.
Hier steht auch der Ruf, des “so geliebten Vaterlandes” auf dem Spiel – wie wirkt sich das denn bitte auf unsere Nachbarn aus? Die Formulierung des Feindbildes fällt den “Pegida”-Fans ja ebenfalls schwer. Es wirkt wie die Geschichte, als ein einfach-gestrickter Mensch zu seinem türkischen Arbeitskollegen sagte: “Türken sind ja faul, aber Du bist anders!”. Für die einen sind es die “Ausländer” für die anderen die Flüchtlinge und wieder andere sehen die Politik und die Linken in der Schuld. Gemeinsam ist ihnen nur die “Anti”-Haltung.
Wenn es jetzt die Flüchtenden schuld sind, wird die nächste Randgruppe nicht weit sein. Wenn das Feindbild ausgeht, braucht man ein Neues – dabei ist es doch nur Stimmungsmache – Propaganda. Während man die Sau durch’s Dorf treibt, bekommt man Aufmerksamkeit. Und wie immer ist das Argument die Angst, die ja bekanntlich selten ein guter Berater ist. Die Angst kommt von der Veränderung, weniger in der Flüchtlingslage – sondern die zunehmende Erkenntnis, dass man nicht mehr mitkommt. Die digitale Revolution erobert alle Sphären und die Übersicht wird schwieriger. Die Medien verändern sich, die Formen der Manipulation in ihrem Design auch. Das verstärkt das Gefühl, dass irgendwas falsch läuft, doch man selbst betrachtet sich nicht in diesem Spannungsverhältnis.
Jede Gesellschaft, die sich abgrenzt wird schmerzliche Verluste erleiden. Jede Gesellschaft, die auf Kooperation baut, entwickelt sich besser und schneller. Das zeigt die Geschichte – von den Römern bis zur Moderne. Kooperative Gesellschaftformen werden überleben, die anderen gehen unter. Man denke nur an die jeweiligen kulturellen Strömungen, die mit Flüchtlingsströmen einhergehen. Ein schönes Beispiel ist der Gendarmenmarkt in Berlin, gebaut von geflüchteten Hugenotten.
Erweiteret den Horizont und lasst Euch nicht einlullen. Überlegt doch mal bitte! Geht doch mal auf Asylsuchende zu und lernt sie kennen, und ihr werdet feststellen, sie wollen Euch nichts böses und Euch auch nicht missionieren. Sie suchen nur Schutz und ihr zeigt mit dem Finger auf sie als wollen sie die Republik stürzen. Dabei habe ich das Gefühl von Euch!
Und schließen möchte ich mit T. W. Adorno:
“Mit all dem fügt der Aktionismus in den Trend sich ein, dem sich entgegenzustemmen er meint oder vorgibt: dem bürgerlichen Instrumentalismus, welcher die Mittel fetischisiert, weil seiner Art Praxis die Reflexion auf die Zwecke unerträglich ist.“